Gas im Gebäudesektor

Ein Positionspapier vom Februar 2020 zu den Erfolgsfaktoren der Wärmewende.

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Positionspapier Gas im Wärmemarkt Wintershall Dea
Positionspapier Gas im Wärmemarkt Wintershall Dea
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Wärmepolitische Weichenstellungen der Bundesregierung

Mit Verabschiedung des Klimaschutzprogramms 2030 hat die Bundesregierung insgesamt 63 Maßnahmen beschlossen, die den CO2-Ausstoß reduzieren sollen. Erstmals sind dabei sektorspezifische CO2-Einsparziele aufgestellt worden: Für den Gebäudesektor sieht das Klimaschutzgesetz vor, die Jahresemissionsmenge bis 2030 auf 70 Mio. Tonnen pro Jahr zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sind weiterhin große Anstrengungen im Gebäudesektor von Nöten. Insbesondere kommt es darauf an, den Sanierungsstau im Gebäudesektor zu beenden. Die jährliche Sanierungsquote liegt im Bestand bei ca. einem
Prozent und damit deutlich unter den von der Bundesregierung avisierten zwei Prozent.

Im Klimaschutzprogramm werden insgesamt zehn Maßnahmen genannt, die sich ausschließlich an den Gebäudesektor richten. Mit der Möglichkeit der anteiligen steuerlichen Abschreibung der energetischen Gebäudesanierung und der Austauschprämie für alte Heizkessel wurden aus Sicht der Gaskoalition zentrale Maßnahmen in die Wege geleitet. Die für den Non-ETS-Sektor geltende CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe kann ebenfalls dazu beitragen, den CO2-Ausstoß im Gebäudesektor zu reduzieren. Hier ist positiv hervorzuheben, dass Biogas und Biomethan mit einem CO2-Emissionsfaktor von Null belegt werden können.

Darüber hinaus hat das Bundeskabinett im Oktober 2019 einen Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Kabinett beschlossen. Das GEG soll die Zusammenlegung von Energieeinspargesetz (EnEG) und Energieeinsparverordnung (EnEV) mit dem Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Gebäudebereich (EEWärmeG) realisieren. Dabei weist der bisherige Entwurf Maßnahmen aus, die aus Sicht der Gaskoalition gut dafür geeignet sind, CO2-Einsparungen im Gebäudesektor technologieoffen und damit kosteneffizient und sozialverträglich zu realisieren. Dazu zählen u.a. die Einführung einer Innovationsklausel, die es ermöglicht, an Stelle der primärenergetischen Anforderungen künftig auch vergleichbare CO2-Einsparungen als Erfüllungsoption zuzulassen, sowie die Öffnung für Quartiersansätze.

Grundsatz einer erfolgreichen Wärmewende

Die Wärmewende kann nur erfolgreich sein, wenn sie sozialverträglich ist und auch die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum sichergestellt ist. Deshalb ist es bei der Festlegung von Maßnahmen wichtig, den Akteuren einen geeigneten Handlungsspielraum zu gewähren und den Nutzern eine breite Auswahl an Technologien zur Verfügung zu stellen. Zentrale Leitgröße bei der Maßnahmenwahl im Gebäudesektor sollten daher neben der Energieeffizienz die CO2-Vermeidungskosten sein. Damit wird sichergestellt, dass solche Instrumente genutzt werden, mit deren Kosten die größtmöglichen Einsparpotentiale realisiert werden können. Nur so kann eine Wärmewende garantiert werden, die von Hauseigentümern und Mietern getragen wird. Eine Wärmewende, die nicht bezahlbar ist, wird ihre Akzeptanz in der Bevölkerung verlieren.

Gas als Dekarbonisierer des Gebäudesektors

Der Energieträger Gas ist optimal geeignet, um eine solche sozialverträgliche und gleichzeitig schon heute umsetzbare Wärmewende zu gewährleisten. Denn: Gas zeichnet sich durch verhältnismäßig günstige CO2-Vermeidungskosten aus und hebt enorme CO2-Einsparpotenziale in den verschiedenen Gebäudetypen. So spart der Austausch eines alten Kessels durch einen neuen Gas-Brennwertkessel bis zu 40 Prozent CO2 ein. Auch bei Fern- und Nahwärmekonzepten spielt Gas eine entscheidende Rolle, da hocheffiziente gasbasierte KWK-Anlagen eine ressourcenschonende und CO2-arme Wärmeerzeugung gewährleisten können. Auch kann eine solche Quartiersversorgung gemeinsam mit lokaler Photovoltaik und Speichern einen wichtigen Beitrag zur Flexibilisierung der Energieversorgung und der Entlastung der Strom-Verteilernetze leisten. Durch eine Umstellung der Wärmeversorgung von kohlebasierter Fernwärme auf gasbasierte KWK können die CO2-Emissionen etwa halbiert werden. Mit der Brennstoffzelle steht eine weitere hocheffiziente Technologie zur Verfügung, deren Markthochlauf gerade erfolgreich von der Bundesregierung unterstützt wird.

Auch perspektivisch wird der Energieträger für den Erfolg der Wärmewende zentral bleiben, da er hochgradig energiewendefähig ist. Durch die Beimischung erneuerbarer und dekarbonisierter Gase – dazu zählen sowohl das am Markt etablierte Biomethan als auch die Zukunftsenergieträger (methanisierter) grüner Wasserstoff sowie dekarbonisierter Wasserstoff – können enorme CO2-Einsparpotenziale gehoben werden.

Einer dadurch möglichen CO2-Reduzierung im Gebäudesektor sollten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz sinnvoll gegenübergestellt werden. Auch in diesem Kontext ist es wichtig, die Maßgabe der Sozialverträglichkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz zu berücksichtigen und die CO2-Vermeidungskosten von Energieeinsparmaßnahmen und dem Einsatz erneuerbarer Energien in den Vordergrund zu stellen. Der Energieträger Gas bietet dabei auch den Vorteil, dass es keines Austausches bzw. vergleichsweise geringer Anpassungen der Endgeräte bedarf, um schnell und kosteneffizient CO2 einzusparen.

Notwendigkeit einer raschen und technologieoffenen Umsetzung der legislativen Maßnahmen

Die legislative Implementierung der für den Gebäudesektor zentralen Maßnahmen steht in den kommenden Monaten an. Wir begrüßen, dass die steuerliche Abschreibung energetischer Gebäudesanierungen mit Umsetzung der Energetischen Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV) seit Beginn dieses Jahres möglich ist. Mit Anpassung des Marktanreizprogramms (MAP) durch Verabschiedung der Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt wird seit Beginn des Jahres zudem die Austauschprämie für alte Heizungen gewährt. Mit der Verabschiedung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die für dieses Jahr angekündigt ist und die Fördersätze des neuen MAP weiterführen soll, wird bis Ende 2030 zudem Planungssicherheit für Haushalte beim Heizungstausch geschaffen. Das GEG soll nach jetzigem Stand in diesem Frühjahr durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Damit einhergehen die verschärften Vorschriften für den Einbau von Ölheizungen ab 2026 sowie zahlreiche weitere Veränderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen für den Gebäudesektor.

Wir sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, an dem vorgelegten Zeitplan für die legislative Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm festzuhalten, um Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen und Bürger zu gewährleisten. Dabei wird es aber darauf ankommen, an entscheidenden Stellen der Gesetzesakte Nachbesserungen vorzunehmen, um die für eine zügige und sozialverträgliche Wärmewende erforderliche Technologieoffenheit zu gewährleisten.

Für Bestandsgebäude wird die fehlende Technologieoffenheit durch die im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 geschaffenen Anreize zum Austausch bzw. zur Modernisierung der Heizungsanlagen deutlich. Die ESanMV sieht vor, dass die Anschaffung eines neuen Gaskessels nur dann steuerlich geltend gemacht werden kann, wenn dieser eine Hybridanlage oder „renewable ready“ ist, also innerhalb von zwei Jahre durch den Einbau eines zusätzlichen regenerativen Wärmeerzeugers hybridisiert wird. Das bedeutet, dass moderne und hoch-effiziente Gasbrennwertkessel selbst dann nicht als förderwürdig gelten können, wenn sie zu 100 Prozent erneuerbare und dekarbonisierte Gase einbinden. Ähnliche Restriktionen sind für die Austauschprämie im Rahmen des BEG zu befürchten.

Die durch das GEG definierten Anforderungen für den Neubau lassen leider ebenso die nötige Technologieoffenheit vermissen. So kann Biomethan, das in einer KWK-Anlage ein-gesetzt wird, künftig zwar mit einem niedrigeren Primärenergiefaktor bewertet werden. Sofern der Einsatz jedoch im Brennwertkessel erfolgt, wird Biomethan primärenergetisch mit fossilem Erdgas und Heizöl gleichgesetzt. Die KWK-Anforderung gilt auch für die Erfüllungspflicht der anteiligen Deckung des Wärme- und Kälteenergiebedarfs mit Erneuerbaren Energien. In einem Brennwertkessel eingesetztes Biomethan kann folglich nicht als Erfüllungsoption dienen.

Die nächsten notwendigen Schritte für das Gelingen der Wärmewende

Fehlende Technologieoffenheit geht zu Lasten erneuerbarer und dekarbonisierter Gase und gefährdet die Erreichung der klimapolitischen Ziele im Gebäudesektor. Die unterzeichnenden Unternehmen möchten vor diesem Hintergrund die folgenden Nachbesserungen für die zentralen wärmepolitischen Maßnahmen des Jahres 2020 vorschlagen:

  • Reform der Primärenergiefaktoren (PEF) - GEG: Wir plädieren für die Verankerung eines PEF in Höhe von 0,3 für Biogas und Biomethan. Dies deckt sich mit Ergebnissen einer vom BMWi beauftragten und von dena, Ecofys, Prognos und ifeu durchgeführten Studie aus dem zurückliegenden Jahr. Ein solcher PEF sollte zudem auch für Biomethan und Biogas gelten, welches in einem Brennwertkessel eingesetzt wird.
  • Änderung der Erfüllungsoption für die EE-Deckung - GEG: Wir plädieren zudem für die Aufhebung der KWK-Anforderung für Biomethan und Biogas zur Erfüllung der Nutzungspflicht Erneuerbarer Energien im Neubau.
  • Anpassung der Anforderungen zu fördernder Heiztechnologien - ESanMV und BEK: Die Förderungen für den Austausch alter Heizungen sollten technologieoffen ausgestaltet sein. Dies bedeutet, dass sowohl für die steuerliche Abschreibung energetischer Gebäudesanierungen als auch für die Austauschprämie alter Heizungen die Möglichkeit eröffnet werden sollte, moderne und hocheffiziente Gas-Brennwertkessel zu fördern, die nachweisbar und dauerhaft erneuerbare und dekarbonisierte Gase einbinden. Eine solche Technologieoffenheit wird z. B. durch das Austauschförderprogramm „HeiztauschPLUS“ des Landes Berlin gewährleistet.

Neben diesen zentralen Nachbesserungen in der wärmepolitischen Gesetzgebung sollte für den Erfolg der Wärmewende auch dafür Sorge getragen werden, die Rahmenbedingungen für erneuerbare und dekarbonisierte Gase insgesamt zu verbessern. Um den Anteil dieser Gase zu erhöhen, gilt es zwischen mehreren Optionen abzuwägen, beispielsweise der Festlegung eines möglichst europaweiten und zeitlich befristeten - ggf. freiwilligen - Ausbauziels oder einer Quote für erneuerbares und dekarbonisiertes Gas, die auch mit einem handelbaren Herkunftsnachweissystem erzielt werden kann.

Auch die CO2-preisliche Bewertung erneuerbarer und dekarbonisierter Gase wird eine Schlüsselrolle für die Marktdurchdringung der klimaschonenden Energieträger spielen. Nachdem es in der aktuellen Fassung des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) möglich ist, Biogas und Biomethan mit einem CO2-Emissionsfaktor von Null zu bewerten, wird es im Rahmen der Überprüfung des Gesetzes im Jahr 2022 notwendig sein, eine ähnliche Regelung auch für synthetische Energieträger einzuführen.

 

Februar 2020

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