SPIEGEL-Bericht zu sibirischem Kondensat

Kassel / Hamburg
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Wintershall Dea Achimgaz
Wintershall Dea Achimgaz
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Achimgaz/Danil Khusainov

Das deutsche Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) haben nach eigenen Angaben recherchiert, wie das u. a. von dem Joint Venture Achimgaz geförderte Kondensat in Russland weiterverarbeitet und verwendet wird. Ihr Vorwurf, den sie jetzt in einem Bericht des Magazins DER SPIEGEL (Ausgabe 45/2022) veröffentlicht haben: Das Joint Venture liefert an Gazprom, die das Kondensat in mehreren Verarbeitungsstufen. u. a. zu Flugzeugbenzin verarbeitet. Sodann lässt DER SPIEGEL einen Militärexperten zu Wort kommen, nach dessen Aussage das Flugzeugbenzin für die militärische Nutzung eingesetzt werden kann. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem von dem Joint Venture geförderten Achimov-Kondensat und Treibstoff-Lieferungen an das Militär stellt das Nachrichtenmagazin jedoch nicht her. „Letztlich ist es so: Die Joint Ventures von Wintershall Dea liefern an Gazprom, ohne genau zu wissen, was mit dem Rohstoff passiert. Wintershall Dea kann daher auch nicht sagen, wo und wie tief der Konzern in den Krieg verstrickt ist“, schreibt der SPIEGEL. Den Artikel findet Sie hier.

„Wir weisen die vom SPIEGEL suggerierte Verbindung zwischen dem in Russland von den Joint Ventures geförderten Gaskondensat und dem leidvollen Tod von Menschen in der Ukraine als konstruiert und unredlich zurück“, erklärt dazu Wintershall Dea CEO Mario Mehren. „Soweit der Eindruck erweckt wird, das Kondensat aus der Achimov-Formation, an dessen Produktion Wintershall Dea über Joint Venture beteiligt ist, werde für den Angriffskrieg direkt oder nachvollziehbar indirekt genutzt, ist unredlich und nicht haltbar“, sagt Mehren.

Für uns als Unternehmen war nach Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine am 24. Februar 2022 klar, ein ‚Weiter so‘ kann es mit Russland unter Präsident Putin nicht geben. Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg und fordern dessen sofortiges Ende!“, so Mehren weiter: „Von Anfang an haben wir gemeinsam, Gesamtbetriebsräte, Unternehmenssprecherausschuss und Vorstand, den Krieg verurteilt und klar Position bezogen. Wir haben Worten Taten folgen lassen und sofort entsprechende Maßnahmen ergriffen: Wir haben ‚Nein!‘ zu allen neuen Projekten in oder mit Russland gesagt. Wir haben die Finanzierung von Nord Stream 2 abgeschrieben.“ Wir prüfen jetzt, wie das internationale Geschäft der Wintershall Dea rechtlich vom Russlandgeschäft getrennt werden kann. „Doch wir können Russland nicht ohne weiteres verlassen, da dies rechtlich nicht so einfach möglich ist. Die Abgabe oder die Veräußerung von Unternehmensanteilen in Russland braucht die Genehmigung der russischen Regierung“, stellt Mehren klar. Denn ausländischen Unternehmen sind in Russland Transaktionen im Energiesektor gemäß eines Präsidialdekretes (Nr. 520 vom 5. August 2022) grundsätzlich untersagt. „Das Präsidialdekret ist ein tiefer Eingriff in unsere unternehmerische Freiheit und eine weitere Bestätigung, dass Russland kein verlässlicher Wirtschaftspartner mehr ist. Wir müssen der Realität ins Auge blicken: Russland ist unberechenbar geworden – in jeder Hinsicht”, so Mehren. „Verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen seien der Grundstein für Wirtschaftsbeziehungen und unternehmerische Tätigkeit. Russlands Krieg und seine Folgen entziehen den Wirtschaftsbeziehungen jede Basis.“

Zum Vorwurf des SPIEGEL, Kondensat aus dem Achimov-Horizont werde möglicherweise zur Herstellung von Treibstoff für die russische Luftwaffe genutzt, stellen wir wie folgt richtig: 

Wintershall Dea ist an drei Joint Venture-Gesellschaften (Achimgaz, Achim Development und Severneftegazprom) beteiligt. Die beiden Joint Ventures Achimgaz und Achim Development übergeben vor Ort Erdgas und als Beiprodukt mitgefördertes Gaskondensat aus dem Achimov-Horizont direkt an Gazprom. Wintershall Dea kann hierauf keinerlei Einfluss nehmen. Die weitere Aufbereitung erfolgt in zwei Anlagen in der Region Nowy Urengoi, welche von einer Tochtergesellschaft der Gazprom („Gazprom Pererabotka“) betrieben werden. Unsere Joint Ventures unterhalten mit dieser Tochtergesellschaft keine Vertragsbeziehung. Bei der Gasproduktion unseres dritten Joint Ventures, der Severneftegazprom, fällt kein Gaskondensat an.

Der größte Teil der von der Gazprom Pererabotka vermarktbaren Produkte verbleibt in der Region Tjumen und den Autonomen Bezirken Chanty-Mansijsk und Jamal-Nenzen. In diesen Gebieten gibt es nach Expertenangaben keine für den Krieg bedeutende Militärplätze. Und Gazprom Pererabotka stellt dort aus nur sehr geringe Mengen Kondensat (weniger als ein Prozent) Kerosin für die zivile Luftfahrt her, dafür aber mehr als hundert verschiedene petrochemische Produkte.

Im Übrigen ist Achimov-Kondensat wegen seinen hohen Paraffinanteils als Einsatzstoff zur Herstellung des Kerosins der Marke RT für den Nahschall- und Überschallbereich (und damit potenziell für eine militärische Nutzung) nicht geeignet. Genau deshalb wird Achimov-Kondensat bevorzugt in der chemischen Industrie als Einsatzstoff für Cracker verwendet (Cracken ist ein Verfahren zur Stoffumwandlung in der Erdölverarbeitung).

Dieser Text wurde am 30. November 2022 aktualisiert.
Die ursprüngliche Fassung vom 4. November 2022 können Sie weiter unten im Downloadbereich einsehen. 

 

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